DORIS WISHMAN
DIE GRÖSSTE, KLEINE SEXPLOITATION-QUEEN DER WELT
Doris Wishman ist eine in der Filmgeschichte einzigartige Erscheinung. Seit 40 Jahren macht sie Filme und wenn nichts dazwischen kommt, wird sie wohl noch 40 Jahre weitermachen. Zur Not halt "in der Hölle", wie sie gern sagt. Sie hat jeden ihrer Filme selbst geschrieben, produziert, inszeniert und die meisten auch geschnitten. Eine Ein-Frau-Filmmaschine, die sich so leicht nicht stoppen lässt.
Begonnen
hat die wundersame Karriere der Doris Wishman irgendwann in den 40er Jahren.
Doris, die in New York aufgewachsen ist, wollte damals Schauspielerin werden.
Deshalb besuchte sie eine private Schauspielschule in Manhattan, wo sie die
Schulbank u. a. zusammen mit Shelley Winters drückte ("Ich war allerdings besser
als Shelley."). Bis auf einige kleinere Bühnenauftritte wurde aber nichts aus
der großen Karriere.
Mitte der 50er Jahre kam dann die Wende. Ihr Cousin Max schlug vor, ihr einen Job in Joseph E. Levines Filmverleih zu besorgen. Doris griff zu. Sie wollte den ersten Schritt ins Filmgeschäft machen, egal in welcher Funktion. Ihre Aufgabe war von da an, das Verleihgeschäft zu koordinieren. Bald wusste sie aus dem Effeff, wie man den Zuschauern ihr Geld entlocken konnte, wenn nur die Werbung stimmte.
Zu
dieser Zeit lernte sie auch ihren ersten Mann, Jack Abrams, kennen. Bald wurde
Hochzeit gefeiert und die beiden zogen in den späten 50ern nach Miami, wo auch
ein Teil ihrer Familie wohnte. 5 Monate später erlitt Jack einen Herzinfarkt
und starb. Doris war verzweifelt. Sie musste irgend etwas tun, um sich abzulenken.
Sie wollte arbeiten, nur arbeiten. Als Schauspielerin waren ihre Chancen nicht
gerade berauschend und außer dem Verleihgeschäft hatte sie keine andere Berufserfahrung.
Doris machte den entscheidenden Schritt: Sie entschied sich, einen Film zu drehen!
Aufgrund eines aktuellen Urteils, das die Darstellung nackter Tatsachen im dokumentarischen Umfeld erlaubte, waren Nudisten-Filme zu dieser Zeit sehr in Mode. Aus ihrer Verleiherfahrung wusste Doris, dass diese billig herzustellenden Filme sehr gute Gewinne erzielen konnte, wenn man sie geschickt anpries. Sie borgte sich 10.000 US$ von ihrer Schwester und schrieb ein Drehbuch mit dem Titel HIDEOUT IN THE SUN. Es ist die Geschichte von zwei Gangstern, die sich auf der Flucht in einem Nudistencamp verstecken. Nudistenfilme waren besonders für Low Budget-Produzenten interessant. Man brauchte keine Stars und auch an Kostümen ließ sich eine Menge sparen. Doris, die noch nie bei Dreharbeiten dabei gewesen war, saß plötzlich im Regiestuhl. Jetzt gab es kein zurück mehr. Mutig drehte sie drauflos, aber die ersten Muster waren schrecklich, kaum zu gebrauchen. Doris war erschüttert. Sie hatte das Geld ihrer Schwester ausgegeben und verloren. Nach dem ersten Schock raffte sie sich auf, lieh sich noch einmal 10.000 US$ und drehte weiter. Sie konnte den Film fertig stellen und fand sogar einen Verleih. Kaum war der Film in den Kinos, wurde der Chef des Verleihs verhaftet und kam ins Gefängnis, wo er sehr bald starb. Das Negativ war verschwunden. Mehr als fünf mal war HIDEOUT nicht gezeigt worden. Ende - aus. Sollte die große Filmkarriere der Doris Wishman wirklich so enden? Weit gefehlt.
Von nun an ging es Schlag auf Schlag.
Schon ihr zweiter Film NUDE ON THE MOON wurde ein Klassiker des Nudistenfilms.
Doris, immer die clevere Geschäftsfrau, kombinierte in diesem Film das damalige
Interesse für Raumfahrt mit dem bewährten Nudistenthema. Heraus kam die absurde
Geschichte von zwei Astronauten, die auf dem Mond eine Nudisten-Kolonie entdecken.
Der eine verliebt sich in die Mondkönigin, aber weil die Sauerstoffvorräte begrenzt
sind, können die Raumfahrer nur sehr kurz auf dem Mond bleiben, sonst werden
sie sterben. Die Mondliebe hat also keine Chance, und die beiden kehren zur
Erde zurück. NUDE
ON THE MOON ist ein klassischer Wishman-Film. Wie die meisten ihrer Filme wurde
er stumm gedreht und anschließend komplett nachsynchronisiert. Diese Technik
nutzt Doris bis auf den heutigen Tag. Natürlich ist es billiger, wenn man beim
Dreh nicht auf den Ton achten muss. Darüber hinaus können die mäßigen Sprechkünste
der Laiendarsteller im Synchronstudio nachträglich ausgebessert werden. Dadurch
wird der Film besser, findet Doris. Viel wichtiger ist aber der kreative Vorteil,
den diese Methode bietet. Doris erfindet die Dialoge meist erst im Schneideraum,
wenn sie genau weiß, wie sie die Geschichte erzählen will. Auch deshalb gibt
es in ihren Filmen oft lange Dialogpassagen, in denen die sprechenden Personen
kaum zu sehen sind und die Spieldauer statt dessen mit Zwischenschnitten auf
Vasen, Aschenbecher oder Telefone aufgefüllt wird. Eine einmalige Arbeitsweise,
die wohl auch in der Tatsache begründet liegt, dass Doris absolute Autodidaktin
ist. All ihre Techniken hat sie sich selbst erarbeitet und gerade das macht
ihre Filme unverwechselbar. NUDE ON THE MOON ist ein wirklich seltsamer Film.
Die Story wird sehr naiv präsentiert und ist seltsam romantisch. So richtig
was fürs Herz. Doch auch fürs Portemonnaie der eifrigen Frau Wishman.
Weiter ging es mit 6 fröhlichen Nudistenfilmen, die sich sämtlich durch eine fast unschuldige Ausstrahlung auszeichnen. Da gibt es nicht den Hauch von Schmuddel, auch wenn die Hauptdarsteller hauptsächlich im Adams- bzw. Evakostüm herumlaufen. Natürlich bleiben die "scharfen" Details üblicherweise hinter Handtüchern, Sträuchern oder Wasserbällen verborgen. Im Vordergrund stehen oft Liebesgeschichten und man merkt, dass Doris wohl auch gerne einmal eine große Love-Story à la Hollywood gedreht hätte. Da dies leider nicht möglich war, machte die Pragmatikerin kleinere Abstriche und mixte alles zu einem Nudistencocktail Marke Wishman. Der schmeckte den Zuschauern spätesten Mitte der 60er Jahre nicht mehr recht. Jetzt waren hochprozentigeres gefragt.
Mittlerweile
hatte Doris ein zweites Mal geheiratet und war mit ihrem Mann Louis Silverman
zurück nach New York gezogen. In Queens bewohnten die beiden ein recht luxuriöses
Appartement, das jedem Fan gut bekannt ist. Hier entstanden die meisten Filme
der nächsten Jahre. Wer kennt nicht die berühmte Duschkabine, den roten Teppichboden,
die chinesischen Vasen und den unvergesslichen Flur? Waren die bisherigen Filme
alle in Farbe, so stellte Doris in New York auf Schwarzweiß um. Sie sagt heute,
dass das besser zu den Geschichten gepasst hätte, aber vielleicht war es auch
einfach nur billiger. In und um Doris' Wohnung entstanden in der Folgezeit ein
paar recht ruppige Sexmelodramen, von denen ICH WILL DICH OHNE ... (BAD GIRLS
GO TO HELL) aus dem Jahre 1965 der vielleicht bekannteste ist. In diesen Filmen
mischt sich Sex - schon wesentlich deutlicher als in den Nudistenfilmen - mit
Gewalt. Doris selbst scheint diese heiße Mischung etwas unheimlich gewesen zu
sein. Aus diesem Grund findet sich bei den etwas gewagteren Filmen der Name
ihres Gatten in den Credits. Ruhm ist eine feine Sache, aber man möchte doch
trotzdem ungestört beim Bäcker seine Bagels kaufen können. Louis Silverman scheint
es nicht gestört zu haben. Auffällig ist bei diesen Produktionen die sehr bewegte
Handkamera. Sie gibt den Filmen etwas spontanes und lässt sie auch nach über
30 Jahren noch sehr frisch wirken. Die 7 Filme dieser Phase gehören zum besten,
was Doris je geschaffen hat. Trotzdem war es bald wieder Zeit, einen neuen Weg
einzuschlagen.
Doris
erwarb die Rechte an zwei griechischen Produktionen, die sie umsynchronisierte
und mit ein paar zusätzlichen Szenen aufpeppte. Diese Arbeit brachte zwar Geld,
aber das war der "Queen of Sexploitation" auf Dauer nicht genug. Die 60er Jahre
standen in voller Sexblüte. Schwarzweiß war jetzt total out, also investierte
Doris wieder in das teure Farbmaterial.
Ihre zweite Farb-Phase beginnt mit einem sehr gewagten Schocker. LOVE TOY aus dem Jahre 1968 ist wirklich eine perverse Kostbarkeit. Er zeigt einen skrupellosen Vater, der bei einem Pokerspiel sein ganzes Hab und Gut riskiert. Als er vor dem Ruin steht, setzt er alles auf eine Karte und bietet seine Tochter als Höchsteinsatz an. Natürlich verliert er und jetzt wird das Mädchen zum Liebesspielzeug für den schmierigen Sieger. Die Sexszenen sind für die Zeit schon sehr gewagt und Doris lächelt noch heute kokett, wenn man sie nach diesem Film fragt ("Ich habe Louis' Namen in den Vorspann geschrieben."). Während es im Zimmer des Mädchens hoch hergeht, foltert die sadistische Begleiterin des Siegers den armen Vater mit glühenden Zigaretten. Den Höhepunkt erreicht der Film, wenn das Mädchen aufgefordert wird, ein Kätzchen darzustellen und splitterfasernackt Milch aus einem Schälchen schlecken muss. Doris, Doris!!!
Nach diesem Knaller gab es kein halten
mehr und es begann eine Phase absoluter Wahnsinnstaten. Den Anfang macht SINNLICHE
LIPPEN (THE AMAZING TRANSPLANT). Dabei handelt es sich um einen Psychokrimi
der besonderen Art. Jeder kennt die Geschichte von ORLACKS HÄNDEN. Dort
geht es um einen Pianisten, dem nach einem Unfall die Hände eines Mörders transplantiert,
leider mit schlimmen Folgen. Nach und nach übernehmen die bösen Gliedmaßen die
Kontrolle und greifen zum Messer. Bei Doris geht es auch um Gliedmaßen, genauer
gesagt ums Glied als solches. Einem schüchternen jungen Mann wird das beste
Stück seines superpotenten Freundes transplantiert, der bei einem Unfall verstorben
ist. Was dann passiert, kann sich jeder vorstellen. Doris erzählt die Geschichte
als Rätselkrimi mit überraschender Schlussauflösung. Damit hatte sie wieder
einen Hit gelandet und finanziell gestärkt versuchte sie sich jetzt an etwas
ganz anderem.
KEYHOLES ARE FOR PEEPING stellt ihren einzigen Versuch im Genre der Komödie dar. Die Geschichte eines Diplom-Eheberater (Original-Zertifikat von der Fernuniversität) entstand wie üblich in der "wishmanschen" Wohnung und selbst Louis Silverman wurde diesmal vor die Kamera gezerrt. Im Kostüm der Schwiegermutter gab er sein Leinwanddebüt. Da der Hauptdarsteller in einer Doppelrolle als seine eigene Mutter zu sehen ist, ergab sich für die Silvermans die Möglichkeit zu ihrer einzigen filmischen Zusammenarbeit: Doris ließ es sich nicht nehmen, die Mutter zu synchronisieren. Die Hauptrolle spielte der abgewrackte Schmierenkomiker Sammy Petrillo, der in den 50er Jahren als Jerry Lewis Double die Leinwand unsicher machte. Neugierigen sei der Film BELA LUGOSI MEETS A BROOKLYN GORILLA von 1952 empfohlen, in dem Petrillo neben Dean Martin- Imitator Duke Mitchell und einem alternden Bela Lugosi herumalbert. Schlimm! KEYHOLES ARE FOR PEEPING ist nicht wirklich lustig. Die Witze sind allerdings zum Teil überraschend schmuddelig und der Film wird durch den Einsatz von endlosen Sexszenen aus alten "Wish-Werken" auf Länge gebracht. Für deutsche Zuschauer mag die Titelsequenz noch das interessanteste sein. Auf Archivbildern einer deutschen Kirmes werden die Namen der Schuldigen eingeblendet. Der Film war auch kommerziell ein Flop, deshalb musste jetzt wieder mehr Sex ins Spiel gebracht werden.
Als
sie Bekanntschaft mit der berüchtigten Stripperin Zsa Zsa machte, wusste Doris,
dass sie auf eine Goldader gestoßen war. Zsa Zsa, auch bekannt unter dem Namen
Chesty Morgan, wurde durch Doris zum Superstar in den beiden Sex-Epen TEUFLISCHE
BRÜSTE (DEADLY WEAPONS) und EIN
SUPERHEISSES DING (DOUBLE AGENT 73). Der geneigte Leser mag zu diesem Kapitel
unser Filmarchiv konsultieren, wo beide Filme und die Fortsetzung THE IMMORAL
THREE behandelt werden. Doris hatte mit diesen Filmen den Weltmarkt erobert.
In Deutschland vertrieb ATLAS INTERNATIONAL die Chestys und der NOBIS Verleih
machte richtig Kasse damit. Der Durchbruch war da! Jetzt war Doris nicht mehr
zu stoppen.
Leider hatten sich die Zeiten schon wieder geändert. Softsex war nun nicht mehr interessant. Seit Hardcore offiziell erlaubt war, hatten die Zuschauer keine Lust mehr auf simulierte Aktionen. Doris stand nun am Abgrund. Bisher hatte sie ihre Filme ganz gut vermarkten können, aber plötzlich wollte kein Verleiher sie mehr haben. Wenn sie weitermachen wollte, musste sie wohl oder übel harte Filme drehen. SATAN WAS A LADY und COME WITH ME MY LOVE sind Filme, die Doris nicht als ihr Werk betrachtet. Es ist bezeichnend, dass sie die Dreharbeiten zu SATAN schon nach kurzer Zeit abbrach, da sie es nicht übers Herz brachte, die Pornoszenen zu inszenieren. Fertiggestellt hat den Film dann ihr Kameramann. Das sieht man dem Film an. Nur kleine Episoden sind echt Wishman, der Film ist wenig interessant.
Etwas
anders verhält es sich mit COME WITH ME MY LOVE. Schon der Titel ist für einen
Porno absolut ungewöhnlich. Wollte sie damit etwa auch Hausfrauen auf der Suche
nach etwas Romantik ins Kino locken? Die Geschichte ist 100% Wishman. Ein Liebespaar
wird vom eifersüchtigen Ehemann überrascht und erschossen. Anschließend nimmt
sich auch der Mörder das Leben und muss fortan als Geist umherstreifen, immer
auf der Suche nach Liebe und Erlösung. Als sich am Schluss die Hauptdarstellerin
das Leben nimmt und ebenfalls zu einem Geist wird, kann sie unser "Held" bei
der Hand nehmen und ins Reich der Liebe entführen. Die Musik, der Schnitt, die
Drehorte. Alles zeigt die Handschrift der Meisterin. Allerdings gibt es auch
einige nicht gerade berauschende Hardcore-Sequenzen. Doris sagt, dass sie den
Raum verließ, sobald eine Sexszene gedreht wurde und ihr Kameramann Charles
Lamont hat dies bestätigt. Hardcore war wirklich nicht das Richtige für sie.
Deshalb verschloss sie dieses Kämmerchen mit einem großen Vorhängeschloss und
holte zu einen gewaltigen Rundumschlag aus.
LET ME DIE A WOMAN ist eine Mischung aus Ed Woods GLEN OR GLENDA und modernen Mondo-Filmen und erzählt in teilweise blutigen Details die Geschichten einiger Transsexueller. Alle Betroffenen spielen sich selbst und man mag fast glauben, dass Doris mit ihrem Film auch Mitgefühl für diese Menschen am Rande der Gesellschaft wecken wollte, paradoxerweise mit den Mitteln des Exploitation. Also gibt es Aufnahmen echter Geschlechtsumwandlungen, Sexszenen und einige aufschlussreiche Belehrungen durch Fachmediziner Dr. Leo Wollman, M. D. Ein tolles Gebräu für Nervenstarke.
Danach
gab es für Doris wirklich keine Steigerung mehr im Genre der Sexploitation.
Sie hatte alle Meere durchschifft und konnte nun an ruhigeren Gestaden Erholung
suchen. Lange hielt sie das jedoch nicht aus. Da Anfang der 80er Jahre die Slasherfilme
in den Kinos Millionen einspielten, sprang sie ebenfalls auf den Zug und schuf
mit A NIGHT TO DISMENBER ihren ersten Horrorfilm. Das Werk existiert heute in
zwei Versionen, die sich beträchtlich voneinander unterscheiden. In der bekannteren
Fassung spielt Pornostar Samantha Fox die Hauptrolle. Doris spart nicht mit
den genreüblichen Zutaten. So werden Köpfe abgetrennt, Finger abgehackt, Herzen
herausgerissen und Schraubenzieher in Hälsen versenkt. Ganz schön deftig und
sehr wirr. Die Produktionsgeschichte dieser für "Wishman-Verhältnisse" sehr
aufwendigen Produktion ist extrem kompliziert und einige Male sah es so aus,
als ob der Film nie fertig werden und für immer von der Erdoberfläche verschwinden
würde. Als dann auch noch Teile des Negativs verloren gingen, musste Doris aus
den Überresten ein einigermaßen verständliches Werk zusammenbasteln. Unter diesen
Umständen ist ihr wirklich etwas ganz besonderes gelungen. Fans werden sich
darüber freuen, einen Teil der Wishman-Verwandtschaft kennen zulernen und die
unverwechselbare Stimme der Meisterin auf der Tonspur zu vernehmen. A NIGHT
TO DISMEMBER war leider kein Erfolg und brachte Doris an den Rand des Ruins.
Bereits
in den 70er Jahren hatte sie sich von Louis Silverman getrennt. Jetzt stand
sie auch noch vor den Trümmern ihrer Karriere. Also beschloss sie, zurück nach
Florida zu ziehen, wo auch ihre Schwester und ihr Bruder lebten. Als ihr das
Angebot gemacht wurde, ihre alten Filme zu verkaufen, griff sie sofort zu. Von
dem Geld wollte sie ihre Schulden bezahlen und einen neuen Film drehen. Das
folgende Drama ist oft beschrieben worden. Fakt ist, dass Doris am Ende ohne
Filme und ohne Geld dastand. Heute werden ihre Filme zwar auf DVD vertrieben,
allerdings ohne, dass Doris dafür einen roten Heller sehen würde.
Nachdem sie den ersten Schock überwunden hatte, machte sich Doris doch wieder ans Werk. Video hatte die Produktion von Sexfilmen revolutioniert und wesentlich billiger gemacht, also entschied sie sich, einen Versuch mit dem neuen Medium zu unternehmen. Die auf Beta SP gedrehte Softsex-Komödie DILDO HEAVEN ist seit nunmehr 6 Jahren in Produktion. Doris, die sich an den Umgang mit Video nie gewöhnen konnte, schneidet immer noch an dem Film. Der Rohschnitt ist lange fertig, allerdings fehlen noch Musik und Online-Schnitt. Sie ist guter Dinge, DILDO HEAVEN ("Ist der Titel zu hart?") 2001 endlich fertig stellen zu können.
Im Herbst 2000 geschah dann das unglaubliche: Doris stand endlich wieder bei einer 35mm Produktion hinter der Kamera! Unter dem Titel SATAN WAS A LADY (Ja, den gab es schon einmal, aber warum soll man gute Dinge nicht mehrmals benutzen?) entstand ein Sexkrimi, der wieder mehr ihren Schwarzweißfilmen ähnelt. Das Melodram erzählt von einer Frau, die gnadenlos alle Menschen zu ihrem eigenen Vorteil ausnutzt, bis sie ihr gerechtes Ende findet. Die Low-Budget-Produktion ist mittlerweile als US-DVD auch in Deutschland erhältlich (Vertrieb: CINEMA VERTIBALE).
Um ihrer Filmlaufbahn die Krone aufzusetzen hat Doris nach langem Überreden unsere Einladung angenommen und stand im Mai 2001 endlich leibhaftig auf der Bühne des SCHAUBURG FILMPALASTs. Doris, die jeden ihrer Film mit Liebe und Sorgfalt hergestellt hat, immer mit maximalem Einsatz und so gut, wie es ihre Fähigkeiten zuließen, hat sich bei dieser Gelegenheit mit ihrem Lächeln einen Platz in Euren Herzen erobert. Für alle Beteiligten war dieses Event ein wirklich unvergessliches Erlebnis!
Am 10.08.2002 ist die größte, kleine Sexploitation-Queen der Welt von uns gegangen. Sie verstarb nach kurzer schwerer Krankheit. Mit ihr haben wir und die gesamte Filmwelt eine wirklich einmalige Persönlichkeit verloren. Jemanden wie Doris Wishman wird es nie wieder geben. Sie war eine sehr eigenwillige und manchmal fürchterlich sture, kleine Person, hinter deren rauer Schale sich jedoch ein wirklich weicher Kern verbarg. Auch wenn sie nach außen tough zu scheinen versuchte, blieb sie immer ein liebenswerter Mensch, für den Familie und Freunde alles bedeuteten. Ihre Filme sind ihr Testament. So einzigartig wie ihre Arbeiten war auch Doris. DER GEHEIMNISVOLLE FILMCLUB BUIO OMEGA wird ihr Andenken für immer in Ehren halten!
© OLAF STRECKER
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