DAS IST AMERIKA - 2. TEIL

Originaltitel THIS IS AMERICA, PART II
   
Land und Jahr USA 1980
   
Regie Romano Vanderbes
Produktionsfirma American-European Films
Produktion Jeff Folmsbee, Cindy Lubarsky & Romano Vanderbes
Drehbuch Romano Vanderbes
Kamera Robert T. Megginson
Schnitt William Milling & Robert T. Megginson
Musik Emanuel Vardi
Songs The Dictators
Produktionsleitung William Milling
   
Darsteller Norman Rose (Sprecher in der Originalfassung), sowie Amerikaner in allen Ausführungen
   
deutsche Erstaufführung 05.09.1980
Verleih Avis/Film-Allianz
Format 1:1,85
Laufzeit 93 Minuten (= 2537 Meter, deutsche Kino-Version); Originallänge: 93 Minuten
Home-Entertainment Video:
Movie (88:55 Minuten, 1:1,66);
Label unbekannt, Niederlande;
Label unbekannt, Finnland;
Label unbekannt, Norwegen.

 

Mondo-Filme - auch "Shockumentaries" genannt - haben die (zweifelhafte?) Eigenschaft, dass sie einen verstörten Betrachter hinterlassen. Dies liegt vor allem in den zwei Hauptstoßrichtungen des Genres begründet: Zum einen wären da die zivilisationskritischen Mondos etwa eines Gualtiero Jacopettis [Anm.: und Franco Prosperis, wie z. B. MONDO CANE (1962), MONDO CANE II (1963), AFRICA ADDIO (1966) und ADDIO ONKEL TOM! (ADDIO ZIO TOM, 1972)], die selbst die überzeugtesten Ignoranten in ihrem Weltbild erschüttern ließen, zum anderen jene exploitativen Reißer, welche sich der (früheren) Popularität des Genres bedienten, um ihr Publikum vor allem durch die Grenze zur Kolportage überschreitende Darstellungen "authentischer" "Sex and Crime"-Ware bei Stange zu halten.

Eine Ausnahme bildet DAS IST AMERIKA - TEIL 2, geht Regisseur Romano Vanderbes doch offensichtlich mit einer gehörigen Portion Humor an sein Thema heran. Hierbei scheint die Hauptintention aller Beteiligten darin gelegen zu haben, sich in einem fort über die USA und seine Einwohner lustig zu machen. Als Resultat des augenscheinlich für den europäischen Markt produzierten Streifens erhalten Zuschauer, welche sich vom Charme Vanderbes' brodelnder Gerüchteküche anstecken lassen, das durch und durch verzerrte Bild eines Landes, dessen "unbegrenzte Möglichkeiten" in erster Linie dazu dienen, Psychosen auszuleben. Dass hierbei die Meisten der angeblichen Sensationen schlichtweg frei erfunden sind und extra für den Film inszeniert wurde, ist nicht nur als Zugeständnis an die immanenten Genre-Konventionen zu werten, sondern dient darüber hinaus der dramaturgischen Finesse des Ganzen, indem es die satirische Sprengkraft dieses etwas absonderlich daher kommenden Reiseprospektes steigert. Hinzu kommt, dass DAS IST AMERIKA - TEIL 2 im Gegensatz zu anderen Mondos, die immer um die Aufrechterhaltung ihrer Authentizität bemüht waren, keinen Hehl aus der zu Grunde liegenden Tendenz macht, mehr als einmal an der Wahrheit vorbei zu schiffen.

Erstaunlich erscheint dies vor allem, wenn man den ebenfalls unter der Regie von Vanderbes entstandenen ersten Teil als Vergleichsobjekt ins Spiel bringt, welcher sich noch weitestgehend an der "klassischen" Mondo-Struktur orientierte und dementsprechend die zu erwartende Mischung aus Erotischem und Gewalttätigem bot. Seiner konventionellen Herangehensweise zum Trotz erwies sich der Film - schon allein aufgrund seines Themas: einen Mondo-Film über die USA gab es bis dato noch nicht - als ein kommerzieller Erfolg erster Güte. Gerade diese finanziell günstige Ausgangssituation dürfte wiederum Vanderbes einen Spielraum an Narrenfreiheit ermöglicht haben, welchen jener als Chance nutzte, "sein" Amerika mal richtig verladen zu können. Infolgedessen präsentiert uns der Film selbst die gröbsten Obskuritäten, als ob es sich bei ihnen um die normalsten und alltäglichsten Akte eines amerikanischen Durchschnittsbürgers handelt.

So berichtet der Film von einem Bordell für Haustiere oder etwa über Captain Sticky ("ein kleiner dicker Kerl aus San Diego"), der mit einem Superhelden-Cape bekleidet und einem dem "Batmobil" nachempfundenen Heroen-PKW ausgestattet das Böse aufspüren und mittels einer gezielten Sahnetorte auszuschalten versucht (O-Ton Sticky: "Du Satan, das Maß ist endgültig voll!"). Andere Episoden widmen sich den absonderlichen Eßgewohnheiten der Amerikaner, indem etwa eine New Yorker "Erotic Bakery" vorgestellt wird, in der man Gebäck mit wohlklingenden Namen wie "Vagina Biscuits" oder Penis-Torten kaufen kann, oder die Kanalisationen belagernde Obdachlose bei ihrem Rattensnack besucht werden.

Am erstaunlichsten jedoch mag die Szene erscheinen, in der ein ritualisiertes Wurm-Mal als Keimzelle des amerikanischen Mittelstands präsentiert wird: Eine Bürgersippschaft, welche nicht von ungefähr an die Tanners aus "Alf" gemahnt, verschlingt ein an Spaghetti erinnerndes Wurmgericht, während der Off-Kommentar den genüsslich geschluckten Schleimtrunk des halbwüchsigen Familien-Nachwuchs mit Sprüchen wie "Kids in America love worm shakes" versieht.

Doch finden sich zusätzlich einige ernstere Szenen, die das entgültige Abgleiten in den Klamauk-Bereich verhindern. So erlebt man neben der Bürgermeisterschaftskandidatur des DEAD KENNEDY-Frontmanns Jello Biafra eine recht detailliert beschriebene Hinrichtung auf dem elektrischen Stuhl, welche die "Freiheiten" Amerikas auch außerhalb einer "Fun"-Rezeption in Frage stellt.

© by J. GILLIS

 

 

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