SCREAM
TÖDLICHE BEFEHLE AUS DEM ALL (Titel der Wiederaufführung)

Originaltitel QUIEN PUEDE MATAR A UN NINO?
Alternativtitel WOULD YOU KILL A CHILD?
WHO CAN KILL A CHILD?
ISLAND OF DEATH
DEATH IS CHILD'S PLAY
ISLAND OF THE DAMNED
THE KILLER'S PLAYGROUND
   
Land und Jahr Spanien 1976
   
Regie Narciso Ibanez Serrador
Produktionsfirma Penta Films
Drehbuch Luis Penfiel, nach der Novelle "Das Spiel" von Juan José Plans
Kamera José Luis Alcaine
Schnitt Juan Serra Jun & Antonio Ramirez de Loaysa
Musik Waldo de Los Rios
   
Darsteller Lewis Fiander (Tom), Prunella Ransome (Eva), Antonio Janzo, Miguel Narros, Ma. Luisa Arias, Marisa Porcel, Juan Cazalilla, Luis Ciges, Antonio Canal, Aparico Rivero, Fabian Conde, Andrès Goinez u. a.
   
deutsche Erstaufführung 14.01.1977
Verleih Adria
Format 1:1,85
Laufzeit 106 Minuten (deutsche Kino-Version); Originallänge: 106 Minuten
Home-Entertainment Video:
ITT;
VMP.

 

Spanien und Science Fiction? Außer der Tatsache, dass beide Begriffe mit "S" anfangen, wird man ansonsten kaum Berührungspunkte finden. Na gut, da gibt es Paule Naschbär [Anm.: Paul Naschy], aber dessen Exkursionen ins Land der Feen und Elfen mit ernsthafter Zukunftsmär in Verbindung zu bringen, grenzt an Blasphemie. Aber eine Ausnahme gibt es (sieht man einmal von dem glänzenden ABRE LOS OJOS ab, der neueren Datums ist): SCREAM (aka TÖDLICHE BEFEHLE AUS DEM ALL) aus dem Jahre 1976 vom damals 40jährigen Narcisco Ibanez Serrador. Dieser wohlklingende Namensträger hatte davor erst einen Film gedreht, DAS VERSTECK mit Lilli Palmer aus dem Jahre 1969 (in Deutschland erschienen auf VCL), und hinterher wurden es noch weniger. Seine große Zeit begann erst in den 80ern als Regisseur diverser äußerst erfolgreicher Game-Shows in Spanien.

Wobei auch bei seinem Meisterwerk mal wieder der deutsche Wiederaufführungs-Titel stumpfsinnig ins Nirvana führt, denn mit Außerirdischen hat dieser feingewobene Suspense-Shocker nicht das geringste zu tun. Vielmehr wird man nicht einen einzigen Spezial-Effekt in dem Streifen finden, kein Armageddon, keine Supernova, einfach nur eine gute Geschichte. So was ist in den 70er Jahren eher selten. Über die heutige Situation braucht man gar nicht erst nachzudenken.

Die Handlung sei kurz skizziert: Ein amerikanisches Urlauberehepaar (Fiander und Ransome), sie schwanger und leicht naiv, er ein pseudointellektueller Grübler, begeben sich abseits "Zlatko-mäßiger" Pauschaltouristen zu einer kleinen spanischen Insel. Dort angekommen, mehren sich die Zeichen unheilvoller Begebenheiten. Auf den ausgestorbenen, staubigen Straßen treffen sie lediglich auf einige Kinder, die ihnen mit Ablehnung und Spott gegenüber treten. Das "Inselduell" kann beginnen; der Preis ist der Tod. Schon auf der Hinfahrt werden mehrfach, mehr oder weniger geschickt, Anspielungen auf das Schicksal der Kinder dieser Welt gegeben. Bürgerkriege, Hungersnöte, das fehlerhafte Betragen der Erwachsenen allgemein lässt die unschuldigen Bälger leiden und nun schlagen sie gnadenlos zurück. Ohne konkret auf den unmittelbaren Anlass einzugehen (im Gegensatz zum deutschen Titelversuch), entlädt sich die Aggression in gnadenloser Brutalität. Die beiden Erwachsenen und gleichzeitig die einzigen Identifikationsfiguren schlagen erst spät zurück, nachdem der Selbsterhaltungs- den Niedlichkeitstrieb ablöst. Doch Eva ist schwanger, was den Drehbuchautor zu einer besonders perfiden Idee trieb ...

Schon allein der Name "Eva", die Urmutter, beinhaltet eine gewisse Symbolik und diverse Situationen und Diskussionen gehen in dieselbe Richtung. Ist es heute noch legitim Kinder in die Welt zu setzen? Haben die Erwachsenen überhaupt genug Verantwortung? Müssen die Kinder dieser Welt nicht geradezu eine Art Selbstreinigung durchführen?

Das Ende ist hoffnungslos und erinnert mich stark an Cronenbergs PARASITENMÖRDER, in dem das Unheil für diese Welt auch von einer Insel ausging. Inhaltlich gibt es natürlich auch Parallelen zu Kiersch`s KINDER DES ZORNS, der diesem kleinen Meisterwerk aber nicht das Wasser reichen kann. Technisch ist der Streifen ausreichend solide. Die latente Bedrohung, die erst relativ spät offen ausbricht, zieht den Zuschauer in seinen Bann.

Die beiden Hauptdarsteller stammen selber von einer Insel, und so spielen sie auch: ausgesprochen isoliert. Ransome und Fiander gehören beide nicht zur Elite absoluter Weltstars, haben aber ganz ordentliche Filmographien vorzuweisen. Prunella spielte in DIE HERRIN VON THORN HILL (J. Schlesinger) und ALFRED, DER GROSSE (Clive Donner, mit David Hemmings in der Hauptrolle). Außerdem durfte sie eine Folge der Krimiserie DIE ZWEI veredeln. In Italien partizipierte sie an der Miniserie KILLERMÖWEN GREIFEN AN von Nestore Ungaro (Zusammenschnitt auf ARCADE erschienen). Lewis Fiander, 1938 geboren, begann seine Karriere mit den Horrorstreifen DR JEKYLL UND SISTER HYDE sowie DIE RÜCKKEHR DES DR. PHIBES. Letztens war er noch in einem Gastauftritt in der britischen Serie HALIFAX zu sehen. Das Fehlen bekannterer Mimen stellt aber überhaupt kein Manko dar, denn die erzählte Geschichte trägt den Film locker allein (wohin eigentlich?).

SCREAM ist bestimmt nichts für oberflächliche Action-Junkies, aber dieser kulturpessimistische "Sozio-Fictioner" wird für nachdenkliche Zeitgenossen sicher eine spannende Diskussionsgrundlage sein.

© by KARSTEN THURAU

 

 

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